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Anatomisch-morphologisch-biologische Betrachtungen zum Gelenk und seinen Partnern

1    Anatomisches Gelenk

2    Knochen
2.1 Interzellularsubstanz.
2.2 Periost, Knochenhaut
2.3 Gefäß- und Nervenversorgung
2.4 Biologisches Verhalten
2.5 Leichtbauweise
2.6 Stoffwechsel und neuronale Beeinflussung durch intraossäre piezoelektrische  Spannungen

3    Knorpel
3.1 Knorpelaufbau
3.2 Hyaliner Knorpel

4    Sehnen und Bänder
4.1 Struktureller Sehnenaufbau
4.2 Struktureller Bänderaufbau
4.3 Gelenkkapsel
4.4  Gelenkkapselaufbau
4.4.1 Membrana fibrosa
4.4.2 Gelenkinnenhaut
4.5 Gelenkband
4.6 Gelenkfläche
4.7 Gelenkhöhle

5    Physiologisches Gelenk
5.1 Zusammenhalt
5.2 Führung und Hemmung der Gelenkbewegungen
5.3 Gefäß- und Nervenversorgung

6    Bewegungshemmende und -fördernde Neuromechanismen

7    Biologische Gegebenheiten
7.1 Biologisch-physiologische Gegebenheiten
7.2 Biologisch-pathologische Gegebenheiten
7.2.1 Inaktivitätsfolgen
7.2.2 Altersveränderungen
7.2.3 Kapselläsionen
7.2.4 Bänderverletzungen
7.2.5 Knochenverletzungen

Hier sollen nicht die allgemein bekannten Erkenntnisse über Knochen, Knorpel und Gelenke dargestellt werden, sondern nur solche, die für die erweiterte Wirkungsweise manueller Arbeit an Gelenken im Sinne neural wirkender Reize von besonderem Interesse sind, initiiert doch eine entsprechende Dehnung nichtkontraktiler Strukturen in Gelenksbereichen in deren ganzem nervalen Innervationsbereich und in ihrem vaskulären Versorgungsgebiet reaktiv eine entsprechende Reizantwort, die Gelenksmobilisationen m. E. primär als Neurotherapie wirken lassen, wodurch sich deren über die mechanische Funktionsverbesserung hinausgehende positive Allgemeinwirkung erklärt.

1 Anatomisches Gelenk

Damit werden die Strukturen der knöchernen Gelenkspartner mit deren Gelenkkapsel, den Bändern und dem intraartikulären Gewebe bezeichnet. Ein Gelenk besteht aus einem knöchernen, einem knorpeligen und einem Band-Sehnen-Anteil.

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2 Knochen

Knochen weist Festigkeit gegen Zug, Druck, Biegung und Torsion auf und hat die Fähigkeit, sich optimal den an ihn gestellten Anforderungen anzupassen und ist zum Umbau befähigt - Knochen lebt also.
Knochen besteht aus der zellhaltigen Hartsubstanz, aus dem Knochenmark und einer bindegewebigen Hülle, dem Periost, das im Gegensatz zum übrigen Knochengewebe eine reichere Gefäßversorgung aufweist.

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2.1 Interzellularsubstanz.

Zur Erreichung seiner Druckfestigkeit bilden die Osteoblasten, im synergistischen Antagonismus mit den Osteoklasten, in den interzellulären Substanzen der Knochen anorganisch kristalline Einlagerungen bei einem durchschnittlichen Kristalldurchmesser von 40 x 30 x 3 nm, die als Interzellularsubstanz parallel zu den dort formgebenden Kollagenfibrillen liegen und deren Oberfläche von einem Mantel gebundenen Wassers umgeben sind, wobei diese Bindegewebestruktur mit deren ca. einem Drittel bis der Hälfte des Gesamtgewichtsanteils der Knochensubstanz darin verfestigt ist. Diese Kristallstruktur baut sich auf aus ca. 85% ca. Kalziumphosphat, ca. 10% Kalziumcarbonat, ca. 1,5% Magnesiumphosphat, ca. 0,3% Kalziumfluorid, ca. 0,2 Kalziumchlorid und ca. 2% Alkalisalzen als Hydroxylapatit. Die organischen bindegewebigen Bestandteile des Knochens bestehen zu 95% aus Kollagenfasern, der Rest aus amorphen Interzellularsubstanzen, insbesondere neutrale und saure Mucosubstanzen neben den Osteozyten als den Knochenzellen und häufig auch Blutgefäßen.

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2.2 Periost, Knochenhaut

Mit Ausnahme der überknorpelten Gelenkflächen sind die Knochen von Periost überzogen, das sich in zwei funktionell ungleichwertige Schichten aufteilt, und zwar in die hauptsächlich aus kollagenen Fasern bestehende derbe äußere Schicht, das Stratum fibrosum, sowie in die zell- und gefäßreiche innere Cambiumschicht. Das Stratum fibrosum ist durch die Kollagenfaserbündel der Sharpey´schen Fasern, die in die Substantia compacta eingewachsen sind, mit dieser verbunden. Um im Bereich der Sehnen- und Bandansätze eine zu stark konzentrierte Zugbeanspruchung des Knochens zu vermeiden, sind die kollagenen Fasern der Sehnen nur zum Teil direkt in die Knochensubstanz eingewachsen, zum anderen Teil sind sie breit im Stratum fibrosum inserierend, um dadurch die über sie am Knochen angelenkten Zugkräfte auf eine möglichst große Fläche zu verteilen.
Die für den Knochenstoffwechsel wichtige Cambiumschicht enthält zahlreiche kleine Gefäße und Kapillaren zur Versorgung der Volkmann´schen und Havers´schen Gefäße zur Ernährung der Knochensubstanz. Aus der Cambiumschicht entstehen während der knöchernen Entwicklung die Osteoblasten, welche für das Wachstum des Knochens in seiner Stärke verantwortlich sind. Nach Beendigung des Wachstums bleibt diese Osteoblastenbildung aus, wodurch sich die Produktion von Knochensubstanz einstellt, außer wenn nach einer Fraktur die Regenerationsphase einsetzt, wodurch aus der Cambiumschicht erneut Osteoblasten entstehen und die Knochenfragmente zunächst in einen zell- und faserreichen Kallus eingeschlossen werden, in dem sich bereits nach wenigen Tagen Knochengewebe bildet. Durch diese Bildung von neuer Knochensubstanz kommt es zu einer äußerst stabilen Überbrückung des Frakturspaltes durch Geflechtknochen, der sich später zu Lamellenknochen umbaut.

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2.3 Gefäß- und Nervenversorgung

Die Knochensubstanz wird über die Blut- und Lymphgefäße sowie durch die Nerven des Periosts versorgt. Größere Gefäße, Vasa nutricia, dringen durch gleichnamige Foramina in die Markhöhle vor und versorgen das Knochenmark.
Wie bei der Versorgung der Knochensubstanz verhält es sich mit den Gefäßen, welche den Epiphysenbereich der Röhrenknochen zur Ernährung der Spongiosa und des Marks versorgen.
Nervenfasern sind im Periost und in den Kanälchensystemen der Knochensubstanz nachgewiesen. Ihre besondere Bedeutung liegt in der sensiblen Innervation des Periosts. Verletzungen des Periosts sind äußerst schmerzhaft.

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2.4 Biologisches Verhalten

Im Gegensatz zum Knorpelgewebe ist die Knochensubstanz gut vaskularisiert, die Durchblutung, und damit der Stoffwechsel, ist dazu vergleichsweise hoch.
Auch wenn das Knochengewebe als widerstandsfähige Hartsubstanz erscheint, erfolgt auch beim Erwachsenen, unter Aufrechterhaltung der äußeren Form des Knochens, ein ständiger innerer Gewebsumbau in einzelnen Haver´schen Lamellensystemen. Auch zeigt der Knochen, ebenso wie die Muskulatur, eine Anpassung an sich verändernde mechanische Belastungen - funktionelle Anpassung. So führt eine vermehrte systemgerechte, über die Gelenkenden wirkende Belastung z. B. bei Röhrenknochen zu einer Verdickung der Compacta und der Spongiosa als Form einer Aktivitätshypertrophie. Umgekehrt schwindet Knochenmaterial bei allgemeinen Bewegungs- und Belastungsinaktivitäten in Art einer knöchernen Inaktivitätsatrophie, die im Röntgenbild durch eine zarte Spongiosazeichnung zu erkennen ist. Die Knochenatrophie ist auch eine der typischen Altersveränderungen beim Menschen, die eine erhöhte Frakturgefährdung zur Folge hat.

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2.5 Leichtbauweise

Eine der bemerkenswertesten Eigenheiten des menschlichen Skeletts ist seine Erschaffung in der ihm eigenen Leichtbauweise, die, wie bei allen auf dem Land lebenden Wirbeltieren, hohen mechanischen Beanspruchungen genügend Stabilitätssicherheit entgegenzusetzen vermag, dessen Vorteil im Sinne des biologischen Ökonomieprinzips und in der Einsparung von Stoffwechselenergie liegt, denn eine reduzierte Knochenmasse hat geringeren Eigenbedarf für ihre Ernährung und einen ebenso geringeren Bewegungs- und Haltekraftaufwand, wodurch der gesamte Energieaufwand für dessen Funktion sich reduziert.
Die Leichtbaukonstruktion ist beim Landsäugetier und beim Menschen, wie in technischen Systemen auch, auf zwei Arten erreicht worden: Durch Verwendung von Baumaterial mit hochwertigen mechanischen Eigenschaften - so findet sich beim Menschen fast ausschließlich der Lamellenknochen, der eine höhere Druck-, Zug- und Biegespannungsfestigkeit besitzt als der Geflechtknochen - und durch die trajektorielle Bauweise mit der Anordnung des Stützmaterials entgegen den größten Druck- und Zugspannungen (als Trajektorien werden in der Technik jene Linien bezeichnet, die an den Stellen eines belasteten Körpers die Richtungen des größten Drucks oder des größten Zuges angeben - ein solches trajektorielles Bauprinzip besteht nach bisherigen Erkenntnissen und Untersuchungen in der gesamten Spongiosastruktur des menschlichen Skeletts). Die Spongiosabälkchen sind beim menschlichen Skelett dermaßen angeordnet, dass sie dem Verlauf der größten Druck- oder Zugspannungen entsprechend axial auf Druck oder Zug beansprucht werden können.
 
 

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Trajektorielles Druck- und Zugspannungsverteilungprinzip, das z.B. im Röhrenknochen zur Wirkung kommt

Trajektorielles Druck- und Zugspannungsverteilungsprinzip, das in platten Knochenstrukturen zur Wirkung kommt, dabei wirken Druckkräfte zentripedal

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2.6 Stoffwechsel und neuronale Beeinflussung durch intraossäre piezoelektrische Spannungen

Dieser Effekt findet sicherlich zu wenig Beachtung, ist aber nach meinem dafürhalten wohl einer der wichtigsten überhaupt in der Stoffwechsel- und Reizleitungsmechanik, die in Knochenstrukturen und den von diesen ausgehenden Reizen zur Wirkung kommen. Zug- und Druckspannungen der Knochenstrukturen lösen piezoelektrische Reaktionen aus die immer dann entstehen, wenn kristalline Strukturen unter Druck- oder Zugbelastungen kommen (dieser elektrophysikalische Effekt wird z. B. genutzt in Schallplattentonabnehmern älterer Bauart, den sogenannten "Kristallsystemen“, oder bei den bekannten batterielosen Piezozündern für die Gasentzündung an Herden und in Heizungsanlagen). Durch diese Reizkomponente werden möglicherweise reflektorische muskuläre An- bzw. Verspannungen über Nozizeptive Somatomotorische Blockierungseffekte ausgelöst, die dann reaktiv im Knochen auftretenden Biegespannungen entgegenwirken. Andererseits beeinflussen sie wohl auch die Osteoblasten- und Osteoklastenaktivitäten. Das elektrische Spannungsgefälle, das zwischen der Kristallspitze und dem Kristallinneren der kristallinen Knochenstrukturen besteht, vermag einen elektrischen Strom in der Größenordnung von ~ 1 Femtoampère (= ~ 10-15 Ampère) unter der reizleitungserregten Spannung von ca. 70 mV auszulösen, wobei durch diesen Strom unter Druckspannung stehende Kristalle als Kathode, unter Zugspannung stehende als Anode wirken. So gelangen Kalziumionen zum negativen Pol und können dabei von den Osteoblasten in die Knochenmatrix eingebaut werden. Dadurch verschieben sich diese Kalziumionen zur Seite des Druckspannungsbereichs, so dass das Knochengewebe auf jener Seite sich verstärkt. Dieser Vorgang findet überall dort statt, wo der Knochen höheren Druckbeanspruchungen ausgesetzt ist bzw. bei Belastungen Druckspannungsspitzen entstehen wie z. B. im Bereich unphysiologisch a-achsengerecht belasteten Gelenken oder bei Knorpeldefekten, wo Druckeinwirkungen nicht mehr gleichmäßig auf die Umgebung verteilt und übertragen werden.

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3 Knorpel

Knorpel besteht aus organischem Material. Eine besondere Eigenschaft des Knorpels ist seine Druckelastizität, was bedeutet, dass Knorpel bis zu einem gewissen Grade komprimierbar, aber auch dehnbar, ist. Beim Nachlassen der Druck- und Zugkräfte gewinnt Knorpel seine Ausgangsform wieder. In Gelenken begünstigt der Knorpel das Gleiten der Skeletteile gegeneinander.

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3.1 Knorpelaufbau

Die Chondrozyten und Chondroblasten als Knorpelzellen enthalten in ihrem Zytoplasma, dem Hyaloplasma, Fetttröpfchen, Mukoproteïd, Granula und reichlich Glykogen. Knorpelzellen und -hülle werden zusammen als Knorpelkugel bzw. Chondrom bezeichnet. Die Organellen sind mit Enzymsystemen ausgestattet, die besonders für den anaeroben Abbau des Glykogens sowie den Auf- und Abbau der Polysacharide, Chondroitinschwefelsäure und Hyaluronsäure zuständig sind, aus denen der Knorpel neben kollagener Substanz, wasserlöslichen Aminosäuren und Mineralien besteht.
Einzeln oder gruppiert sind die Chondrozyten und Chondroblasten in eine kollagene Fasergrundsubstanz eingewickelt, die mit einer hyaluronsäurereichen Kittsubstanz "verbacken“ ist.
In den knochennahen intensiver vaskularisierten und dadurch sauerstoffreichen Knorpelanteilen ist die Anwesenheit von Atmungsfermenten, den Zytochromen, für den aeroben Stoffwechsel verantwortlich. Während im Knorpel Energieträger und Aufbaustoffe für dessen Kernsubstanz in diesen gefäßversorgten Abschnitten aus der Blutbahn bezogen werden, werden sie in den nicht vaskularisierten Knorpelregionen durch Diffusion und Osmose aus dem Umgebungsgewebe, insbesondere aus der Synovia, beschafft. Die Tätigkeit der Chondrozyten wird endokrin beeinflusst, z. B. gesteigert durch Thyroxin, Testosteron und gehemmt durch Cortison und Östradiol.
Der Wassergehalt des Knorpels nimmt im Alter ab, womit ein Nachlassen der Druckelastizität verbunden ist. Gleichzeitig kann es zu einer Verminderung der Knorpelgrundsubstanz kommen, so dass eine sog. "Asbestfaserung“ auftritt. Ferner kann es zu einer Zystenbildung im Knorpel und zu Verkalkungen kommen.
Die physikalische Eigenschaft des Chondroms ist vergleichbar mit einem wassergefüllten prallelastischen Kissens, das auf Druck nach jeder Seite einen Druckausgleich ermöglicht (dies ist auch ein Teilanwendungsprinzip des Therapie-Kissens nach Horn®), wobei die Faserelemente auf Zug beansprucht werden und das dichte Faserwerk von Wicklungen der einzelnen Knorpelkugeln sowie der verschiedenen Knochenkugeln miteinander dem Knorpelgewebe seine ganz hervorragende Druckfestigkeit verleihen können - die Anordnung der Kollagenfasern im einzelnen ist den jeweiligen funktionellen Ansprüchen angepasst (im Sinne von Trajektorien). So verlaufen beispielsweise im Gelenkknorpel die Kollagenfasern bogenförmig von der Knorpel-Knochengrenze zur freien Oberfläche, wo sie sich tangential orientieren. Im Rippenknorpel, der vor allem auf Biegung beansprucht wird, verlaufen die Kollagenfasern S-förmig durch die Interzellularsubstanz. Unter den Oberflächen münden sie in Tangentialfaserschichten ein. Die eigentliche Druckschicht im Knorpel ist die Außenzone, dort gehen die Kollagenfasern in das Perichondrium, eine Faserschicht, über.

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3.2 Hyaliner Knorpel

Beim Cartilago hyalina, dem eigentlichen Gelenkknorpel und die Knochenwachtumsgrundstruktur im Embryonal- und Wachstumsstadium für die meisten Skelettknochen, finden sich in den oberflächlich gelegenen Keimschichten der Gelenkknorpel die Knorpelkugeln dicht beieinanderliegend sowie untereinander mit Kollagenfasern verbunden, wobei in der tieferen Knorpelschicht die Knorpelkugeln im Verhältnis dichter gepackt sind als in den oberflächigen, die zur Gelenkhöhle hin durch das Perichondrium abgegrenzt sind. Beim Perichondrium handelt es sich um das umgebende Gewebe hyaliner Knorpel in Form einer Knorpelhaut, das an der Knorpeloberfläche sehr zellreich (Stratum cellulare), weiter außen mehr faserreich (Stratum fibrosum) ist. Vom Perichondrium her bildet sich Knorpelsubstanz neu, es ist gefäß- und nervenreich.
Das Vorkommen hyaliner Knorpel ist in den Luftwegen (als Knorpelspangen in der Trachea und Knorpelstückchen in den Bronchien), Nasenknorpel, knorpeliger Anteil der Rippen und, wie bereits erwähnt, beim Knochenwachstum und an Gelenken als Gelenkknorpel.

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4 Sehnen und Bänder

Sehnen und Bänder, Knorpel, Knochen und Denti bestehen aus Stützgewebe und sind in erster Linie geordnet geformtes und formendes Bindegewebe. Sie zeichnen sich durch Interzellularsubstanzen größerer Festigkeit aus, dadurch haben Stützgewebe eine Eigenform, können Weichgeweben einen Halt geben und Schutzfunktionen ausüben.

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4.1 Struktureller Sehnenaufbau

In Sehnen verlaufen die Kollagenfasern parallel, in großen Sehnen häufig in leichten Spiralen. In ungedehntem Zustand sind die Kollagenfaserbündel leicht gewellt. Zwischen den Kollagenfasern als Sehnenfasern liegen in Reihenstellung hintereinander angeordnet Fibrozyten, die Sehnenzellen. Diese Zellen haben langgestreckte Kerne und wenig Cytoplasma. Sie passen sich in ihrer Form der Umgebung dadurch an, dass ihr schmal ausgezogenes Cytoplasma "flügelartig“ den Sehnenfasern anliegt ("Flügelzellen“).
Sehnen werden von lockerem Bindegewebe umhüllt, dem Peritendineum externum, das in das Innere der Sehne eindringt (Peritendineum internum) und kleinere primäre Bündel und größere sekundäre Bündel zusammenfasst. Mit dem lockeren Bindegewebe dringen Nerven und Blutgefäße in die Sehne ein.
Sehnen haben eine gute Regenerationsfähigkeit. In Bändern, Faszien und Aponeurosen verlaufen die Kollagenfaserbündel nach einem festgelegten Muster, das der Zugbeanspruchung angepasst ist. In der Sklera beträgt der Winkel zwischen den einzelnen Faserbündeln nahezu 90 Grad.

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4.2 Struktureller Bänderaufbau

Das elastische Band besteht aus Bündeln dicker, parallel angeordneter elastischer Fasern. Jedes Bündel umfasst geringe Mengen lockeren Bindegewebes mit abgeplatteten Fibrozyten. Die elastischen Fasern rufen in frischem Gewebe eine gelbe Farbe hervor. Beim Menschen kommen geschlossene elastische Bündel in den Ligg. flava der Wirbelsäule und im Lig. suspensorium penis vor.

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4.3 Gelenkkapsel

Die Capsula articularis schließt das Gelenk allseitig ein und kann als schlauchförmige Fortsetzung des Periosts angesehen werden.

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4.4 Gelenkkapselaufbau

An ihrer Außenseite weist die Gelenkkapsel fibröses Gewebe auf mit eingelagertem vaskularisiertem Bindegewebe. So besteht die Gelenkkapsel, wie das Periost auch, aus zwei Faserschichten, und zwar aus der

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4.4.1 Membrana fibrosa

- bei den einzelnen Gelenken unterschiedlich stark ausgebildet mit deren kräftigen Bündel- oder Zugstrukturen aus kollagenen Fasern, an denen auch einstrahlende Sehneninsertionen beteiligt sein können, die Ligg. articularia - und der

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4.4.2 Gelenkinnenhaut

- Membrana synovialis -, bestehend aus lockerem Bindegewebe mit variablem Gehalt an Fettzellen, an deren innerer Oberfläche die sonst verzweigten Fibrozyten flächenhaft ausgebreitet sind - sie bieten somit histologisch das Bild eines einschichtigen, zuweilen auch mehrschichtigen Epithels. Die Membrana synovialis bildet gefäßreiche Falten sowie fettzellenhaltige vaskularisierte Zotten und enthält außerdem zahlreiche Nervenfasern und Rezeptoren. Die Zotten und Falten neigen zur Verkalkung, beim Abreißen dieser kalzifizierten Gebilde infolge einer forcierten Gelenkbewegung werden sie dann als freie Gelenkkörper eingeklemmt, wodurch es zu einer äußerst schmerzhaften Sperre des Gelenks kommt.

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4.5 Gelenkband

Das Lig. articulare ist ein wichtiges Element des Gelenks und weist, wie die Sehnen auch, eine straffe Struktur aus weitgehend parallel orientierten kollagenen Fasern auf. Meist sind die Ligg. articularia in die Membrana fibrosa der Gelenkkapsel eingeflochten als Verstärkungsbänder, können aber auch autonom die artikulierenden Knochen miteinander verbinden.
Die Aufgaben der Gelenkbänder sind erstens das Sichern der Führung der Gelenke in deren physiologischen Bewegungsbahnen und zweitens begrenzen sie die Gelenkexkursionen zur Verhinderung unphysiologischer Bewegungsausschläge.

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4.6 Gelenkfläche

Die Facies articularis ist je nach Gelenk unterschiedlich geformt. Die Gelenkflächen besitzen einen Knorpelüberzug, wobei knorpelig präformierter Knochen an diesen als Rest des embryonalen Knorpels aus hyalinem Knorpel besteht. Sind Deckknochen gelenkig miteinander verbunden wie im Kiefergelenk, besteht der Gelenksknochenüberzug aus Faserknorpel. Dem Gelenkknorpel fehlt faseriges Perichondrium, wodurch seine Oberfläche eine glatte Struktur aufweist, wobei stark druckbelastete Gelenkflächen einen besonders dicken Knorpelbelag haben wie z. B. am Kniegelenk mit einer Stärke von bis zu 5 mm. Bei inkongruenten Gelenkflächen spielt die Verformbarkeit des Knorpels eine wichtige Rolle, da die Kontaktflächen der Gelenkenden mit steigendem Druck ständig größer werden und die Druckverteilung sich bei elastischem Gelenkknorpel entsprechend verbessert.
Die Primärbeanspruchung des Gelenkknorpels auf Druck- sowie Scherkräfte kommt auch in seinem histologischen Aufbau zum Ausdruck, denn die kollagenen Fibrillen steigen von der Knorpel-Knochen-Grenze etwa rechtwinkelig zur Knorpeloberfläche auf und enden gebogen in dessen oberflächiger Tangentialschicht.

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4.7 Gelenkhöhle

Die Cavum articulare ist im eigentlichen Sinn keine Höhle, sondern ein kapsulärer Spalt, der lediglich eine geringe Menge Gelenkschmiere, Synovia, enthält, die, wie auch das Schmiermittel in technischen Gelenken, als Gleitmittel fungiert und eine gewisse Ernährung des gefäßlosen Gelenkknorpels ermöglicht. An der Bildung dieser schleimartigen mucopolysacharidhaltigen Flüssigkeit sind die Fibrozyten der Synovialis beteiligt.

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5 Physiologisches Gelenk

Diese Bezeichnung meint das Gelenk als anatomische Funktionseinheit mit den dazugehörigen Weichteilen, der vaskulären Versorgung und der entsprechenden Innervation.

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5.1 Zusammenhalt

Für den Kontaktschluss der Gelenkflächen sind äußere Kräfte verantwortlich, hier an erster Stelle Zugkräfte der über das betreffende Gelenk hinwegziehenden Bänder, Sehnen und Muskeln, an den unteren Extremitäten zusätzlich das Körpergewicht - neben den inneren Adhäsions- und Vakuumkräften im Gelenk, die dieses sich regelrecht "zusammengesaugt“ sein lassen.

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5.2 Führung und Hemmung der Gelenkbewegungen

Eine gebahnte Bewegungsführung und Bewegungshemmung in bestimmten Extremstellungen ist für die Funktionstüchtigkeit der Gelenke unerlässlich, ein Schlottergelenk ist funktionell wertlos.
Die regelrechte Gelenkbewegungsführung und -hemmung nach lateral zum Bewegungsradius und in den endgradigen Stellungen erfolgt durch den jeweiligen Bandapparat - ligamentäre Komponente - und die das Gelenk beeinflussende Muskulatur - muskuläre Komponente - in unterschiedlichem Maße, bei einigen Gelenken noch zusätzlich durch die Knochen mit ihren Gelenkflächen - ossäre oder knöcherne Komponente -, wobei die zuletzt genannte Gelenkführungsart jenen Gelenken mit besonders dafür geformten Gelenkflächen gegeben ist wie z. B. dem Hüft- und oberen Sprunggelenk, etwas auch dem Iliosakralgelenke. Eine knöcherne Bewegungshemmung kommt ansonsten nicht vor, allenfalls z. B. bei gewaltsamer Überstreckung im Ellenbogengelenk.
Die Bänderführung hat große Bedeutung bei Gelenken mit stark inkongruenten Gelenkflächen wie z. B. dem Kniegelenk, Gelenke mit planen Gelenkflächen wie den Hand- und Fußwurzelgelenken, solchen mit semiplanen Gelenkflächen wie dem Iliosakralgelenke, dem Rad- bzw. Zapfengelenk und bei Scharniergelenken. An die Stelle der bei diesen Gelenken fehlenden Knochenführung tritt die führende Funktion des betreffenden Bandapparates mit seiner ligamentären Bewegungsführungsaufgabe, Gelenkbewegungen nur in bestimmten Richtungen zu ermöglichen. Eine Bänderhemmung ist funktionell sehr wichtig. In vielen Gelenken, wie beispielsweise den Hüft-, Knie- und Ellenbogengelenken sowie den Finger- und Zehengelenken, wird deren Extension ausschließlich durch die ligamentäre Haltefunktion gehemmt. Die Muskelführung ist bei jenen Gelenken erforderlich, deren ausgeprägte Bewegungen weder ossär noch ligamentär gesichert ist wie am Schultergelenk. Die Muskeln haben dabei die Funktion von sich "verstellenden“ Bändern bei deren muskulärer Bewegungsführung.
Eine Muskelhemmung liegt dann vor, wenn bei bestimmten Gelenksendstellungen die Dehnbarkeit eines darüberziehenden und dieses Gelenk beeinflussenden mehrgelenkigen Muskels oder einer Muskelgruppe erschöpft ist. Solch eine Weichteil- oder Massenhemmung tritt z. B. bei extremer Beugung im Ellenbogen- oder Kniegelenk in Funktion.

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5.3 Gefäß- und Nervenversorgung

Die arterielle Gelenkversorgung wird meist durch einen Gefäßring um die Gelenkkörper gebildet, dessen Äste auch die Epiphysen und die Gelenkkapsel erreichen, wobei die Synovialmembran besonders reich kapillarisiert ist.

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6 Bewegungshemmende und -fördernde Neuromechanismen

Im Stratum fibrosum der Kapsel und im Umgebungsgewebe finden sich zahlreiche afferente Nervenfasern für die Tiefensensibilität, besonders zur Schmerzrezeption. Die Gelenkkapsel ist mit einem fein verzweigten Netz von sensiblen marklosen und markhaltigen Nervenfasern durchsetzt, die in der Lage sind, chemische, mechanische, thermische, osmotische und onkotische Reize zu registrieren. Die Nervenfasern finden sich sowohl im Stratum fibrosum als auch im Stratum synoviale. Die Faserführung erfolgt entlang der Gefäße, teilweise zu den Muskeln, teilweise zu den Gelenken. Auf ihrer Endstrecke teilen sie sich auf und ziehen zu den bindegewebigen Zellen der Synovialmembran und zu den Kapillaren. In den Gelenkkapseln und in den Bändern finden sich die sogenannten Ruffini-Endorgane, den Muskelspindeln ähnlich, zur Registrierung von Gelenkbewegungen über verschiedene Winkelbereiche und genauen Meldung von Gelenkstellungen an das Zentralnervensystem, wodurch diesem ein exaktes Bild der Gelenkstellungen übermittelt wird. Dabei fällt den Propriozeptoren der Gelenkkapsel und der Ligamente die selbe Funktion zu wie im Bereiche der Muskeln, wo deren Afferenzen über Zwischenneuronen zu den Motoneuronen im Vorderhorn der Agisten, Synergisten und Antagonisten sowie zu den Integrationszentren geleitet werden, wodurch es zur Anpassung von Anspannungen der dazu antagonistischen Muskeln als der Situation adäquaten kapsulären Beanspruchungen der Gelenke und Knochen kommt. Durch diese Sensomotorik wird der geordneter Bewegungsablauf in den Gelenksbereichen ermöglicht wie auch durch das selbe System mit seinen Rezeptoren in den Knochen die tonische Anpassung der Muskulatur mit ihrer Zuggurtenfunktion möglich ist.
Bei der Betrachtung der Nozizeptoren und deren Bedeutung muss hier auf die ausgedehnten und ausführlichen Arbeiten von BRÜGGER, Zürich, verwiesen werden zu dem Globalthema Nozizeptiver Somatomotorischer Blockierungseffekt - NSB. Dr. med. ALOIS BRÜGGER, Neurologe, hat hier echte Grundlagenforschung betrieben, ohne deren Kenntnis der in der Physiotherapie tätige Therapeut m. E. keine sinnvolle Therapie auszuführen in der Lage ist (auch wenn die praktische Anwendung der von BRÜGGER erarbeiteten Therapieansätze und ergonomischen Empfehlungen nicht nur mir in einigen Punkten so weit zu gehen scheinen, dass zum Nutzen einiger Komponenten andere Schaden leiden können). Die im folgenden gemachten Ausführungen stützen sich neben eigenen Erkenntnissen ansonsten ausnahmslos auf Arbeiten und Ausarbeitungen BRÜGGERs, auf dessen Fachbuch "Die Erkrankungen des Bewegungsapparates und seines Nervensystems", G. Fischer-Verlag Stuttgart-New York, an dieser Stelle als Standardwerk neurologisch-neurophysiologischer Literatur verwiesen sei.
Aktivitäten der Nozizeptoren hemmen die Aktivitäten der Motoneurone, bei vorliegen starken Zerrungen am Gelenkkapsel- und -bandapparat kann es zu einer reaktiven vorübergehenden mehr oder weniger ausgeprägten "funktionellen“ Lähmung kommen, die beispielsweise im Schulter-Armbereich als Chassaignac-Syndrom bekannt ist. In anderen Fällen ruft die Nozizeptorenaktivität umgekehrt eine hochschmerzhafte Hypertonie der Muskulatur hervor, wie dies bei Überlastungsfolgen und akut infektiösen, stark schmerzhaften Bursitiden auftreten kann und der diese begleitende muskuläre Hartspann dabei schmerzhafter als die Bursitis selbst sein kann durch nozizeptorengeförderte Aktivitäten peripherer motorischer Neurone. In diesen Fällen werden gleichzeitig die antagonistischen Muskeln mit entgegengesetzt zur symptomverstärkenden Bewegung wirkendem Funktionssinn beeinflusst.
Von den Gelenkkapseln können stärkste hemmende Impulse auf die Muskulatur ausgelöst werden, wie z. B. Gelenkkapseln frühzeitig und intensiv Nozizeptorenaktivitäten auslösen können als schmerzhaft zu verspürende Aktion - ein Gelenkreizzustand ist Ausdruck eines nozizeptiv irritierten Gelenkkapselapparates -, was jedoch über die Gelenkreizursache nichts aussagt, da diese in einen solchen Reizzustand bei den meisten Fehl- oder Überbeanspruchungen verfallen können, auslösbar durch alle pathologischen Prozesse, welche das Gelenksgewebe zu schädigen vermögen, wie z. B. Entzündungen oder Verletzungen.
Reizzustände eines Gelenkes induzieren beispielsweise u. U. eine reflektorische Verspannung der Muskeln, welche dieses bewegen und führen. Wird hier in einem solchen Fall z. B. massiert, können sich die Schmerzen verstärken. Im Gegensatz dazu wirken antiphlogistische Maßnahmen (Kryotherapie als langzeitige Kälteeinwirkung bis zu 20 Minuten, kurze "getupfte“ Hitzeanwendung, Elektrotherapie bzw. Iontophorese mit Antiphlogistika etc.) im Bereich des betreffenden Gelenkes, das Ursache der ausgelösten Nozizeptorenaktivität ist, beschwerdelindernd.
Pathophysiologischen gegenregulatorischen Mechanismen des Körpers liegt das Ziel der Schonung des Reizherdes zugrunde. Die Entlastungshaltung als Schonhaltung für das betreffende Gelenk reduziert den mechanischen Faktor für die Auslösung bzw. Intensivierung der arthrogenen Schmerzimpulse. Nozizeptive Reize hemmen daher jene Muskeln, die den Reizherd verstärken. Gleichzeitig damit werden aber auch jene Muskeln erfasst, deren Kontraktion der Schonung dienen - der Gelenkschonung dienende Muskeln werden reflektorisch in einen hypertonen bis kontrakten Zustand versetzt, wobei Fibrillationen auftreten können und Muskelanteile in Veränderungen, z. B. in Form von Myogelosen, übergehen können. Die betroffenen Gelenkkapseln neigen zur Schrumpfung in den eingenommenen Schonhaltungen. Die Folge ist einer sekundäre Gelenksteife in Schonhaltung, die teils kapsulär, teils muskulär bedingt ist. Ein Beispiel für eine solche Neuromechanik stellt die Gruppe des M. iliopsoas dar, welche bei einer Coxarthrose durch eine erhöhte Dauerkontraktion von anterior das Hüftgelenk ruhigstellt (daher kommt auch der bei Hüftgelenksarthrosen typische Leistenschmerz im Bereich der Lacuna musculorum). Da, wie bereits erläutert, ein zu hoher Reflextonus der Muskulatur zu weiteren sekundären Komplikationen führen kann wie z. B. zu Myogelosen oder mikrotraumatischen Folgen tendoperiostaler Belastung, können dadurch neue pathofunktionsinduzierende Nozizeptorenaktivitäten ausgelöst werden, die ihrerseits das Krankheitsbild im sinne eines Circulus vitiosus unterhalten. Sind diese als solche erkannt worden, so müssen sie direkt, nicht ihre Begleitsymptome, ausgeschaltet werden, damit der nozizeptive somatomotorische Reflextonus herabgesetzt werden kann.
Sehnen und Sehnen-Periostinsertionszonen sind mechanischen Überbeanspruchungen mit den Folgen von Tendopathien bzw. Tendoperiostosen exponiert ausgesetzt, in deren Zusammenhang es zu Insertionsläsionen mit kleinen subperiostalen Blutungen und reaktiven Infiltrationen des Periostes kommen kann, wie auch Druckbelastungen, entzündliche Veränderungen und traumatische Verletzungen Nozizeptorenaktivitäten auslösen mit entsprechenden Sehnenreizzuständen. Deshalb setzen Reize an den Sehnenspindeln die Aktivität an jenen Muskeln herab, welche die betreffenden Sehnen zur Kraftübertragung nutzen.
Der Gleitapparat des arthromuskulären Komplexes kann ebenso ein Pathoreflexauslöser sein z. B. durch mechanische Scheuerprozesse und entzündliche Erkrankungen, welche Nozizeptorenaktivitäten bedingen.
Nozizeptorenaktivitäten schmerzhafter Sehnen nehmen zu, wenn sich deren zugehöriger Muskel kontrahiert, wodurch dieser, wie wir es bereits betrachtet haben, reflektorisch hypoton und adynam wird = reaktive Hypotonie des den Reizzustand verstärkenden Muskels - hyperton werden jene Muskeln, die der Schonung des Reizherdes dienen.
Natürlich können auch Muskeln Nozizeptorenaktivitäten induzieren in Folge beispielsweise von Muskelverletzungen, lokalen mechanischen Druckeinwirkungen, intramuskulären entzündlichen Prozessen, ischämischen und hypoxämischen Zuständen. Es steht jedoch die akut pathogenetische Bedeutung der Muskulatur hinter jener der Gelenke und Sehnen. Dafür spielt aber der Muskel als Erfolgsorgan des NSB eine zentrale Rolle, wodurch es zu erheblichen muskelinduzierten Systemstörungen kommen kann, wie dies die neueren Arbeiten zur Problematik der Fibromyalgie zeigen, die allerdings auf Grund von unterschiedlichen fachspezifischen Betrachtungsweisen, mit denen an diese Problematik herangegangen wird, derzeit noch nicht interdisziplinär spezifiziert scheint.
Auch Knochen können Nozizeptorenaktivitäten auslösen in der Folge von deren Entzündung, aber auch durch mechanische Überbeanspruchungen wie erhöhte Zug- und, mehr noch, Biegespannungen als Belastungsspannungsspitzen.

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7 Biologische Gegebenheiten

7.1 Biologisch-physiologische Gegebenheiten

Die biologischen Grundmuster der Gelenke sind genetisch festgelegt, doch sind sie einzelgelenkspezifisch durch die jeweilige Gelenksfunktion darauf abgestimmt modifiziert. Durch Training kann der Bewegungsumfang im Gelenk gesteigert werden und die überknorpelten Berührungsflächen breiten sich dadurch entsprechend aus. Gleichzeitig vergrößern sich belastungsrelevant Gelenkkapselabschnitte, Bewegung hemmende Bänder verlängern sich.

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7.2 Biologisch-pathologische Gegebenheiten

7.2.1 Inaktivitätsfolgen

Die länger andauernde Ruhigstellung eines Gelenkes führt an dessen kollagenen Strukturen zu einer mehr oder minder ausgeprägten Kontraktur der Kapsel und des Bandapparates. Sofern größere Reservefalten an der jeweiligen Gelenkkapsel vorhanden sind, "verklebt“ deren Synovialmembran. Die sich aneinanderlegenden Kapselfaltenoberflächen bestehen aus Fibrozyten, die dabei, aus ihrem Epithel-artigen Verband gelöst, unter Neubildung kollagener Fibrillen eine Verklebung bis zu einer Verschmelzung deren synovialer Oberfläche verursachen und dadurch die physiologische Bewegungen mehr oder weniger einschränken.

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7.2.2 Altersveränderungen

In Folge mangelnder Bewegung und unphysiologischer Belastung schränkt sich der Gelenksbewegungsumfang mit zunehmenden Lebensjahren mehr und mehr ein. Regressive Veränderungen des gefäßfreien Gelenkknorpels führen zu dessen Abflachung und zur Asbestdegeneration. Zunehmend kommt es an den Randpartien des Gelenkknorpels zuweilen zu Knorpelproliferationen, die kalzifizieren können und später ossifiziert dem Knochengewebe ähnlich werden. Diese Veränderungen können bei ständiger Überbelastung oder Fehlbelastung der Gelenke selbst in jüngeren Lebensjahren auftreten (als klinischer Hinweis mag anzusehen sein, dass unter den Erkrankungen und Verletzungen des Bewegungsapparates Gelenkschäden relativ häufig sind in Folge von Unfall- und Sportverletzungen, rheumatischen und degenerativen Prozessen).

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7.2.3 Kapselläsionen

Bei der Verstauchung und Zerrung, also der Distorsion oder bei der Prellung (Kontusion) im Gelenkbereich ist die Gelenkkapsel besonders betroffen. Sie reagiert, je nach Stärke der Gewalteinwirkung, mit Schwellung oder vermehrter Flüssigkeitsabsonderung in die Gelenkhöhle als Gelenkserguss, aber auch, falls Kapselgefäße zerreißen, mit Blutaustritt in die Gelenkhöhle in Hämatomform. Entsprechend schmerzender Nervenreiz und Mehrdurchblutung sind die Folge, so dass sich hierbei mehr oder weniger alle Komponenten einer abakteriellen Entzündungsreaktion einstellen, welche sich ja bekanntlich durch die Komponenten Kalor, Dolor, Rubor und Tumor auszeichnet.

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7.2.4 Bänderverletzungen

Bei oben genannten Traumen sind häufig auch die Gelenkbänder beteiligt, da sie bei den meisten Gelenken in die Kapselstruktur eingewachsen sind. Eine Bänderläsion ist vor allem dann wahrscheinlich, wenn äußere Kräfte eine durch Bänder gehemmte Gelenkbewegung unphysiologisch forcierten, wie z. B. bei einer unphysiologischen Hyperextension im Ellenbogen- oder Kniegelenk. Dabei gibt es verschiedene Verletzungsgrade von der einfachen Bänderzerrung bis zum kompletten Bänderriss.

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7.2.5 Knochenverletzungen

Wegen der ausgeprägten Zugfestigkeit kollagener Fasern bleibt bei einer traumatisierenden unkontrolliert-überdimensionierten Gelenksbewegung die Kontinuität kräftiger Bänder meist erhalten, so dass es statt einer Bänderläsion oder -ruptur zu einem Abriss des Knochenabschnittes kommt, in den das Band inseriert wie beispielsweise bei einer Abrissfraktur an den Malleolen oder dem Caput fibulae.
Beim muskelgeführten Gelenk kann es z. B. durch Insuffizienz der haltgebenden Muskeln (auch in Verbindung mit einer Unterentwicklung des Labrum glenoidale beim Schultergelenk) zu einer habituellen Luxation kommen. Dagegen haben auf Gelenken mit Bänderführung einwirkende Luxationen meist Kapsel- und Bänderrisse zur Folge.

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